Virtuell oder Real – Was nun? Und wie nützen?
Mit VR bieten Sie ein einmaliges Einkaufserlebnis

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Der Nationale Branchentag lebt von den Referaten – nicht nur, aber sie sind immer wieder attraktiv. In diesem Jahr besonders, weil Theorie und handgreifliche Praxis vermittelt wurde. Handgreiflich? Jein, denn die virtuelle Realität ist irgendetwas dazwischen … spannend aber, und mit Zukunftspotenzial! – Torsten Fell und Marbod Lemke zeigten warum, wie und wozu.


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Wir können uns den digitalen Entwicklungen nicht verschliessen, noch entziehen. Insofern präsentierte sich der Branchentag 2019 frisch und erfreulich, indem für einmal ein «spielerischer Approach» zum Thema gesucht und gefunden wurde. Statt Online-Handel, E-Shop-Gestaltung oder digitale Gesamtprozesse stand mit dem zweiten Referat und der praktischen Demonstration die sogenannte «Virtuelle Realität» VR im Zentrum. Was ist das nun schon wieder, mochte sich mancher gefragt haben. Torsten Fell, Unternehmensberater zum «Digitalen Wandel», löste das Rätsel. Er erklärte sehr anschaulich, was VR und ihre Unterform, die «Augmented Reality» AR ist.

Vermischung von Real- und Virtualität
«Ich fotografiere Sie jetzt mit einer 360°-Kamera. Mit einem Klick ist der gesamte Raum erfasst.» Torsten Fell zauberte mit einigen weiteren Klicks das Rundumbild auf die Leinwand. Das alleine mochte noch nicht zu beeindrucken; als er aber als lebender Referent eine fotografierte Visitenkarte betrat, wurde es schon spannender. Verschiedene Türmodelle per Klick in einen bestehenden Raum zu zaubern und in ihrer Wirkung zu beurteilen, war das nächste. Und als Fell die Hörenden (Sehenden, und Staunenden) das statische Schnittmodell Bohrmaschine mit eigenen Informationen interaktiv belebte, kam echtes Interesse auf. «Wir können heute mit Tablets und Smartphones digitale und Printinformationen intelligent kombinieren.» Diese Verschmelzung realer, physischer-statischer Echt-Situationen mit frei wählbaren digitalen Bildern oder Zusatzinformationen wird mit dem Begriff «Augmented Reality» (erweiterte Realität) beschrieben.

«Vor allem der nexmart-Scanner hat mich die Reise antreten lassen, wir werden uns intensiv mit dem neuen Gerät befassen. Die Erklärungen im Demo-Modus waren hilfreich, und ich habe mich für weitere Informationen einschreiben können. Bisher sind meine Fragen alle gut beantwortet worden. Einzig die Simultanübersetzung habe ich vermisst – aber dafür sind bekanntlich zu wenige Teilnehmende aus der welschen Schweiz angereist, das ist verständlich. Bei meiner erstmaligen Teilnahme am Branchentag sage ich gerne: Chapeau!»

Pascal Vallotton, Quincaillerie Riviera SA, Vevey

Handel kann profitieren
Auf das Geschäft bezogen zeigte Fell auf, wie sich das Kundenerlebnis mit VR/AR ganz neu gestalten lässt. «Neue Erfahrungen, neue Prozessen neue Erkenntnisse – und damit die Lust auf Mehr wecken. Darum geht es, damit machen Sie Ihr Geschäft zu etwas Besonderem!» Wer heute Beauty-Produkte virtuell auf sein Gesicht legen und die Wirkung überprüfen kann, hat schon halb gekauft. Dasselbe gilt für Frisuren, Schuhe oder Kleidungsstücke – immer in Echtzeit an uns selbst direkt angelegt und rundum anzuschauen. Ikea bietet via App die Möglichkeit, mehr als 3 000 Artikel in den eigenen Raum, also in Echtgrösse ins eigene Wohnzimmer zu stellen und ihre Wirkung zu beurteilen – bequem von der Couch aus. Ausstellungen und Messestände müssen nicht mehr gross und teuer sein – der virtuelle Showroom zeigt alles zu einem Bruchteil der Kosten. Technische Produkte lassen sich live erklären, «begehen» und informativ ergänzen. So lange und intensiv, bis sämtliche Kundenfragen beantwortet sind und der Kaufentscheid – auch aufgrund der damit signalisierten Kompetenz – fällt. «Wir müssen heute nicht mehr im Ladengeschäft am Schnittmodell demonstrieren – das lässt sich interaktiv online übermitteln.» Um der staunenden Hörerschaft etwas Klarheit zu verschaffen, definierte Fell nochmals: «VR ist eine digital erzeugte, virtuelle Realität – AR die Ergänzung der realen Welt mit digitalen Daten.»

«Als Marketingfrau durfte ich unseren Chef hier vertreten und zugleich für mein Fach gute Informationen mitnehmen. Digitale Entwicklungen, Internet – mich hat überrascht, wie weit man bereits ist und was bald möglich wird. Die Virtuelle Realität mit ihren unglaublichen Potenzialen ist da – die Frage ist, wie wir sie clever nutzen und wie diese Möglichkeiten bei den Endkunden ankommen. Auf jeden Fall bieten sie Differenzierungschancen und ermöglichen engere, auch digitale Kundenbeziehungen. Ich bin interessiert, offen und gespannt auf das, was noch kommt!»

Isabelle Rohrseitz, Frigerio SA, Locarno

Beratung und Training
Neben Erklärungen und Informationen bieten VR/AR auch neue Ansätze für Training und Ausbildung. Marbod Lemke ist bei STIHL weltweit für Trainingsmaterialien zuständig. Er setzt voll auf VR. «Verkaufsunterstützung, Verkäufertraining, Nachtraining des Kunden – mit VR können wir das überall anbieten, kostengünstig, in Echtzeit und lernwirksam!» Stihl verwendet VR/AR primär im Trainingsbereich. Gerade bei Motorsägen habe sich das bestens bewährt und lasse sich auch vom Handel gewinnbringend einsetzen: Man könne den Kunden das Gerät gleich im Laden virtuell ausprobieren lassen, ihm zeigen, wie man sicher sägt und wo die Gefahren lauern – und dann auch noch Handschuhe und eine Schnittschutzhose dazu verkaufen. «Mit VR bieten Sie ein einmaliges Einkaufserlebnis – und darüber hinaus ein Gesamtpaket an Leistungen, mit dem Sie sich als kompetenter Händler profilieren. VR ist nicht nur Ausbildung, sondern auch Verkaufsförderung!» – Am Trainingsstand von Stihl konnten die Fachhändler mit VR-Brille und einer echten Motorsäge dann selbst testen, wie gut, schnell und sicher sie Cookies (Rundscheiben) von einem Stamm abschneiden: Ohne Späne, ohne Abgase, ohne Risiko – eben virtuell, und doch nahezu echt. Die Resonanz war gross, Interesse und Neugier definitiv geweckt. Und wenn bis zur praktischen Erprobung noch Zweifel an Sinn und Ernsthaftigkeit von VR/AR-Anwendungen bestanden hatten – die praktische Demo räumte sie aus.

«Als Teilnehmer in der Arbeitsgruppe für die neuen Mitgliederbeiträge von Swissavant ist der Besuch des Branchentags ein Muss. Wir haben als Kleinbetrieb einen neuen Shop, eine Website und über Strichcode ist alles vernetzt. Für mich wird an diesen Tagungen immer wieder klar, dass man sich der Digitalisierung nicht verschliessen kann. Aber es ist alles auch immer eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Kleinbetriebe können sich Fehlschläge noch weniger leisten als grosse.»

Hans Jörg Christen, ch-tools gmbh, Wila